Grundsatz der Verbandsautonomie
Nach der durch das Grundgesetz geschützten Vereins- und Verbandsautonomie gemäß Art. 9 I GG, §§ 21 ff. BGB besteht die Freiheit, sich zu Vereinigungen zusammenzufinden, sie zu gründen, ihnen beizutreten, aber auch ihnen fernzubleiben oder auszutreten (positive und negative Freiheit). Diese Verbandsautonomie berechtigt darüber hinaus auch zur eigenen Rechtsetzung und Selbstverwaltung.
Somit können die Vereine und Verbände im Rahmen dieser Verbandsautonomie eigene Gerichte bestimmen, um interne Rechtsprobleme schneller und sachkundiger zu lösen.
Überprüfbarkeit schiedsgerichtlicher Entscheidungen durch die ordentlichen Gerichte
Ein echtes Schiedsgericht im Sinne der ZPO tritt an die Stelle staatlicher Gerichte, sodass durch eine wirksame Schiedsvereinbarung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wirksam ausgeschlossen werden kann. Sonstige Verbands- oder Vereinsgerichte können den Weg zu den ordentlichen, staatlichen Gerichten nicht wirksam ausschließen. Eine Abgrenzung erfolgt im Einzelfall und ist oft strittig. Sofern ein echtes Schiedsgericht vorliegt, entspricht der Schiedsspruch einem rechtskräftigen Urteil und kann nur noch in Ausnahmefällen angegriffen werden.
Ein echtes Schiedsgericht ist dann anzunehmen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Unabhängigkeit des Schiedsgerichtes von den weiteren Verbandsorganen
- Freie und bewusste Vereinbarung darüber, dass ein Schiedsgericht eingreifen soll
- Bestimmung der Schiedsrichter durch beide Parteien oder neutrale Dritte
- Unabhängigkeit der Schiedsrichter
- Für kartellrechtliche Streitigkeiten muss ein Wahlrecht zwischen dem Schiedsgericht und einem ordentlichen Gericht bestehen
Entsprechend des „Ein-Verband-Prinzips“ haben die meisten Sportverbände eine stufenweise Gerichtsbarkeit aufgebaut, dessen rechtliche Grundlage in der Satzung des Verbandes verankert ist.
Doch welche Entscheidungen können konkret von ordentlichen Gerichten überprüft werden? Soweit das Schiedsgericht kein echtes Schiedsgericht darstellt, sind Entscheidungen wie beispielsweise der Ausschluss der Teilnahme einer Mannschaft an einem Wettkampf gerichtlich umfassend überprüfbar.
Im Einzelnen hat das ordentliche Gericht festzustellen,
- ob die verhängte Maßnahme aufgrund einer wirksamen Satzung und unter Einhaltung des dort festgelegten Verfahrens zustande kam;
- ob allgemeine Verfahrensgrundsätze wie ausreichendes rechtliches Gehör oder Gelegenheit zur Verteidigung eingehalten wurden;
- ob die Tatsachen aufgrund derer die Maßnahme verhängt wurde, fehlerfrei ermittelt wurden;
- ob die konkrete Vorschrift der Satzung richtig angewendet wurde;
- ob das ausgesprochene Strafmaß verhältnismäßig war.
Streit um die Teilnahme des Türkgücü München am DFB-Pokal
Was war passiert? Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) hatte den 1. FC Schweinfurt 05 als Vertreter des BFV zum DFB-Pokal gemeldet. Gegen diese Entscheidung ging Türkgücü München vor und erzwang mit einer einstweiligen Verfügung die Verschiebung der Partie der 1. Runde des DFB-Pokal gegen den FC Schalke 04. Nach einer mündlichen Verhandlung forderte das Landgericht München den Verband auf, seine Statuten zu überarbeiten und erneut über die Frage der Nominierung zu entscheiden. Der Verband rief jedoch das Oberlandesgericht München an.
Das OLG München urteilte entgegen der Entscheidung des LG München und bestätigte den 1. FC Schweinfurt 05 als Vertreter des BFV im DFB-Pokal (OLG München, 29.10.2020 - 29 U 5848/20). Damit schloss sich das OLG der Ansicht des Schiedsgerichts an und erkannte, dass die Entscheidung des LG Münchens der Schiedsgerichtsentscheidung „zuwiderläuft" und deshalb „keinen Bestand haben wird“.
Es verbleibt neben der 1:5 Niederlage des 1. FC Schweinfurt 05 in der DFB-Pokal Partie gegen den FC Schalke 04 die Tatsache, dass der Sport keineswegs vollständig außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit steht.