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Befristung von Arbeitsverträgen im Profisport

Befristung von Arbeitsverträgen im Profisport

Im Profisport werden insbesondere mit jungen Spielern meist langfristige Verträge geschlossen. Doch inwiefern ist dies überhaupt rechtlich zulässig?

 

Gedanke des Gesetzgebers

Grundsätzlich sieht der Gesetzgeber unbefristete Arbeitsverträge als Regelfall und die Befristung des Arbeitsvertrags als Ausnahmefall an. Auch der Kündigungsschutz genießt einen hohen Stellenwert, sodass, entsprechend der Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der länger als sechs Monate in dem Betrieb beschäftigt ist, nur dann wirksam ist, sofern diese sozial gerechtfertigt ist. Durch diese Regelung soll der Bestand des Arbeitsverhältnisses gewährleistet werden. Doch genau diesem Ziel läuft eine Befristung des Arbeitsverhältnisses entgegen. Daher ist eine Befristung des Arbeitsverhältnisses nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

 

 

Rechtsgrundlage für eine Befristung des Arbeitsvertrags

Die Rechtsgrundlage für eine Befristung des Arbeitsvertrags bildet § 14 des
Teilzeitbefristungsgesetzes. Gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG ist eine Befristung bis zu zwei Jahren ohne Sachgrund möglich. Dabei ist jedoch zu beachten, dass innerhalb dieser zwei Jahre nicht mehr als drei Arbeitsverhältnisse hintereinandergeschaltet werden dürfen („Kettenarbeitsverträge“), ansonsten gilt der Arbeitnehmer als unbefristet angestellt. Eine Befristung über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren bedarf gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG eines sachlichen Grundes. Dabei ist die Aufzählung des § 14 Abs. 1 TzBfG nicht abschließend.

 

Worin besteht der sachliche Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags im
Profisport?

Nun werden in der Praxis des Profisports Verträge mit Spielern regelmäßig für einen längeren Zeitraum als zwei Jahre – beispielsweise über drei bis vier Jahre – befristet. Wie ist dies rechtlich zu bewerten?

Im Jahr 2015 hat das Arbeitsgericht Mainz im Urteil vom 19.03.2015 im Fall Heinz Müller festgestellt, dass die Ungewissheit der Leistungsentwicklung eines Profifußballers die Befristung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Sachgrundes der Eigenart der Arbeitsleistung nicht rechtfertigt.

Zwar kann grundsätzlich der Wunsch des Spielers nach einer Befristung des Arbeitsvertrags die Befristung rechtfertigen. Das Bundesarbeitsgerichts verlangt in diesem Fall jedoch objektive Anhaltspunkte, dass der Spieler auch dann ein befristetes Arbeitsverhältnis gefordert hätte, wenn ihm ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten worden wäre.

Ebenso rechtfertige das Risiko altersbedingter Ausfallerscheinungen und Verminderung der Leistungsfähigkeit nicht die Befristung eines Arbeitsvertrags. Dies würde zu einer mittelbaren Altersdiskriminierung führen und stelle einen Verstoß gegen die §§ 7, 1 AGG dar.

Nach der Rechtsprechung des BAG seien in bestimmten Branchen aufgrund des „Abwechslungsbedürfnisses der Zuschauer“ oder des „Publikumsgeschmacks“ zulässig. Das BAG spricht in diesem Zusammenhang von einem „Verschleißtatbestand“. Bei Trainern sei dies unter den Voraussetzungen zulässig, dass dies im Geschäftsbereich üblich sei und dass der Schwerpunkt der Trainertätigkeit im Leistungssport liege.

Nach einer Ansicht dürfte diese Rechtsprechung auch auf Spieler übertragbar sein. Auch der Erfolg der Spieler beruhe ebenso wie der Erfolg der Trainer auf Unabwägbarkeiten und auch bei Spielern stelle sich ein Verschleiß ein. Die Befristung wird daher zum Teil auch mit der „Eigenart der Arbeitsleistung“ gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG begründet.

Nach einer anderen Meinung sei eine Befristung der Arbeitsverträge bei Spielern bereits durch die Verbandsautonomie gedeckt. Nach dem Grundsatz der Verbandsautonomie, die durch das Grundgesetz gemäß Art. 9 I GG, §§ 21 ff. BGB geschützt wird, besteht die Freiheit, sich zu Vereinigungen zusammenzufinden, sie zu gründen, ihnen beizutreten, aber auch ihnen fernzubleiben oder auszutreten (positive und negative Freiheit). Die Verbandsautonomie berechtigt die Verbände darüber hinaus auch zur eigenen Rechtsetzung und Selbstverwaltung. Insofern sei die zeitliche Befristung der Arbeitsverträge zur Erreichung des Verbandszwecks, der Aufrechterhaltung des Spielbetriebs, zwingend erforderlich.

 

Schutzzweck des TzBfG

Zudem scheint der Grund der Befristung im professionellen Mannschaftssport nicht zum Schutzzweck des TzBfG zu passen. Die Ausnahmeregelungen des TzBfG sollen den Arbeitnehmer vor der Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes durch Beendigung des Vertrages durch Zeitablauf schützen, ohne dass eine Kontrolle nach dem Kündigungsschutzgesetz erfolgt. Es wird damit der Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses im Interesse des Arbeitnehmers bezweckt. Die Befristung der Arbeitsverträge im Sport dient hingegen eher dem Schutz des Bestandes des Arbeitgebers, sprich den Vereinen, um die Spieler aus einem auslaufenden Arbeitsvertrag gegen eine Entschädigung zu transferieren.

 

 

Fazit

Im Ergebnis ist eine Befristung der Arbeitsverträge im Sport daher auch für einen längeren Zeitraum als zwei Jahre möglich. In Anlehnung an den Verbandszweck, der Aufrechterhaltung des Spielbetriebs, wäre eine gegenteilige Bewertung auch schlicht undenkbar. Denn andernfalls würde für Spieler die Möglichkeit bestehen, den unbefristeten Arbeitsvertrag ihrerseits grundlos und mit der kurzen gesetzlichen Frist zu kündigen. Ebenso könnten Spieler unter Verweis auf den Kündigungsschutz dauerhaft an ihren hochdotierten Verträgen festhalten und würden dauerhaft Kapital der Vereine binden.

 

 

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