Dort berief sich die Athletin darauf, dass sie großes Vertrauen auf die Expertise des international renommierten Sportarztes trug. Ihre Anti-Doping-Verantwortung könne sie an einen hoch-qualifizierten Dritten übertragen, sodass man ihr höchstens ein Verschulden bei der Auswahl einer solchen Vertrauensperson zur Last legen könne. Anders ausgedrückt: Von einem Sportarzt sollte schließlich erwartet werden können, dass dieser die Medikamentenverpackung lesen kann.
Dieser Ansicht erteilte der CAS eine deutliche Absage.
Selbst wenn außergewöhnliche Umstände und nur minimales Verschulden vorliegen, seien Athleten nicht von ihrer Pflicht befreit, weiterhin größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen. Der Grad der Sorgfaltspflicht sei für Spitzensportler sehr hoch und zwar wegen ihrer Erfahrung, ihrem zu erwartendem Wissen über Anti-Doping-Bestimmungen und der öffentlichen Wirkung, welche sie auf die Sportart hätten. Insbesondere betont wurde, dass die Verschreibung von Medikamenten durch einen Arzt (unabhängig davon, wie hoch qualifiziert der Arzt ist) den Athleten nicht von der Pflicht entbindet, zu überprüfen, ob die Medikamente verbotene Substanzen erhalten. Wenigstens eine Google-Recherche und die flüchtige Überprüfung eines Etiketts sind laut dem CAS jedem Athleten zuzumuten. Die Einbindung eines Arztes kann demzufolge lediglich eine Auswirkung auf den Grad des Verschuldens haben.
Eine Auswirkung hatte die Einbindung des Arztes auch im vorliegenden Fall. Der Athletin wurde „kein signifikantes Verschulden“ – insbesondere keine Betrugsabsicht unterstellt. Die Reaktion des CAS lautete: 18 Monate Sperre.