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Erste Hilfe von Sportlehrern – Nebenpflicht im Sportunterricht

Haftung bei Erste Hilfe Maßnahmen von Sportlehrern im Sportunterricht

© Stefan_Schranz - pixabay

Keine Übertragbarkeit der arzthaftungsrechtlichen Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern

§ 680, 839 BGB; Art 34 S.1 GG

Der Bundesgerichtshof positionierte sich in seiner Entscheidung vom 04.04.2019, Az. III ZR 35/18 zu der fehlenden Übertragbarkeit der im Arzthaftungsrecht entwickelten Beweisgrundsätze bei groben Behandlungsfehlern betreffend der unterlassenen Ausübung von Erste-Hilfe- Maßnahmen bei Sportlehren.  Ferner stellte er in seiner Entscheidung fest, dass bei pflichtwidrig unterlassenen Erste-Hilfe-Maßnahmen von Sportlehren bei einem Unglücksfall während des Sportunterrichts sich die Haftung (§ 829 BGB, Art. 34 1 GG ) nicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, da das Haftungsprivileg für Nothelfer gemäß § 680 BGB nicht greife.  

Hintergrund dieser Entscheidung ist die Klage eines Sportschülers, welcher während Aufwärmübungen im Sportunterricht zusammenbrach und infolge mangelnder Sauerstoffstoffzufuhr einen hypoxischen Hirnschadens erlitt. Der Sportschüler, der nun einen Grad der Behinderung von 100 Prozent aufweist, verlangt gegenüber dem Bundesland Schmerzensgeld nach den Grundsätzen der Amtshaftung, Ersatz materieller Schäden, eine Bedarfsrente, sowie den Ersatz von möglichen in der Zukunft entstehenden Folgeschäden. Er beruft sich darauf, das unterlassene laienhafte Reanimationsmaßnahmen der beaufsichtigten Lehrpersonen ursächlich seien für seine schwerwiegende Behinderung.

Erste Hilfe als Nebenpflicht für Sportlehrer

Der Instanzenzug verlief dergestalt, dass das Landgericht die Klage abwies und das Oberlandesgericht die Klage zurückwies. Die vor dem BGH eingereichte Revision hatte jedoch nur aufgrund der Tatsache Erfolg, dass das Berufungsgericht innerhalb der erstinstanzlichen Beweisaufnahme eine schuldhafte Amtspflichtverletzung offen gelassen hat und daher drittinstanzlich zugunsten des Klägers zu unterstellen war, dass die beteiligten Sportlehrer notwenige Erste-Hilfe-Maßnahmen pflichtwidrig unterlassen haben.  Der Anwendung der Grundsätze arzthaftungsrechtlicher Beweislastumkehr bei Sportlehrern im Bereich des Schulsports erteilte der BGH dagegen eine Absage.  Zwar sei anerkannt, dass eine Beweislastumkehr auch außerhalb des Arztrechtes auf die grobe Verletzung von Berufs- und Organisationspflichten, die dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen, Anwendung finden. Eine Vergleichbarkeit mit arztrechtlichen Pflichtverstößen sei nach Auffassung des BGH bei unterlassenen Erste-Hilfe-Maßnahmen von Sportlehrern dagegen nicht gegeben. Der vom Kläger im Rahmen seiner Klage gezogene Vergleich zu der Rechtsprechung bei Hausnotrufverträgen und Bäderaufsicht hinkt, da in diesen Bereich die Abwendung von Gesundheitsgefahren die berufliche Hauptleistungspflicht darstelle. Im Schulbereich, dazu gehöre auch der Sportunterricht, dominiere dagegen als berufliche Hauptpflicht die Erziehung und die Unterrichtung der Schüler. Die Abwendung von Gesundheitsgefahren, hinsichtlich gefährdeter einzelner Schüler, stelle nach Auffassung des BGH eine Nebenpflicht dar. Die Beweislastumkehr, wonach der Beweis der Nichtursächlichkeit den Schädiger treffe, ist dagegen nur auf die Verletzung berufsspezifischer Hauptleistungspflichten anwendbar.

Kein Haftungsprivileg für Nothelfer im Schulsport

Zweite Kernaussage der BGH- Entscheidung ist, dass das Haftungsprivileg für Nothelfer gemäß § 680 BGB im Bereich des Schulsport und der Lehreraufsicht im Rahmen der Amtshaftung nicht greift, da die Schutzgedanken dieses Haftungsprivileg in der vorliegenden Konstellation nicht greifen. Das Haftungsprivileg ist vornehmlich für Personen gedacht, die spontan in Unglücksfälle eingreifen. Den beaufsichtigenden Sportlehrern oblag es im Rahmen ihrer Amtspflicht, auch wenn nur als Nebenpflicht, gerade Gesundheitsgefahren abzuwenden, sodass eine Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit in der vorliegenden Fallkonstellation in Bereich des Schulsport aufgrund der oben dargestellten Schutzrichtung nicht greife.

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