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Wirrwarr: Welche Gerichte spielen im Handball eine Rolle?

Verbandsgericht, Landesspruchausschuss, Amtsgericht, Bundesportgericht, Schiedsgericht, Verbandssportgericht, Bundesgericht, Landgericht…

Es gibt viele Gerichte, die bei Streitigkeiten im Bereich des Handballs angerufen werden können. Doch welche Funktionen haben sie? Welches Gericht ist zuständig? Vor welchem Gericht bekommt man als Kläger den effektivsten Rechtsschutz? Was ist mit den Kosten? Rechtsanwalt Helge Olaf Käding von handballrecht.de klärt auf.

Gerichte der Landesverbände und des DHB („Verbandsgerichte“- „unechte Schiedsgerichte“)

Die Landesverbände und der DHB unterhalten eigene Gerichte. Sinn und Zweck ist es, Streitigkeiten, die sich z.B. aus dem Spielbetrieb ergeben, schnell, kompetent und kostengünstig zu entscheiden. Diese Gerichte sind in den jeweiligen Satzungen verankert. Sie regeln Streitfragen innerhalb des Verbandes und sind aufgrund der „Vereinsautonomie“ zulässig.
Je nach zuständiger Instanz oder Landesverband haben sie bestimmte Bezeichnungen, z.B:

  • Landesspruchausschuss
  • Verbandssportgericht
  • Verbandsgericht (Achtung, zugleich auch Oberbegriff für alle Vereinsgerichte)

Für den Bereich des Spielbetriebs des DHB, HBF und HBL und für Berufungen und/oder Revisionen gegen letztinstanzliche Entscheidungen der Gerichte der Landesverbände gibt es das Bundessportgericht des DHB (Zuständigkeit der 2. Kammer für HBF und HBL) und das Bundesgericht des DHB. Die ehrenamtlichen Richter werden von den Verbänden gewählt. Diese Verbandsgerichte (in der Zivilprozessordnung „unechte Schiedsgerichte“ genannt) können den Gang vor ein staatliches Gericht niemals ausschließen. Der so genannte„ordentliche“, also der staatliche, Rechtsweg bleibt also grundsätzlich immer offen.

Warum gibt es also diese Verbandsgerichte?

Im Regelfall entscheiden diese Verbandsgerichte schneller als staatliche Gerichte. Vor allem sind sie im Normalfall wesentlich kostengünstiger. Den Richtern sind die Handballregeln und die entscheidenden Satzungen und Ordnungen bekannt. An ihre Entscheidungen sind die Verbände und auch die Sportler (so lange sie Vereinsmitglied sind) gebunden, wenn dieser sich wirksam den Ordnungen und Satzungen des Verbandes unterworfen haben, was der Normalfall ist. Gegen erstinstanzliche Entscheidungen gibt es im Handball bis zu zwei weitere Instanzen. Die höchste ist das Bundesgericht.

Schiedsgericht („echtes Schiedsgericht“)

Ein „echtes“ Schiedsgericht spielt im Handball lediglich im Bereich der Bundesligen und dort eigentlich auch nur im Bereich der Lizenzierung eine Rolle. Durch den Fall HSV Hamburg im Jahr 2014 ging es aber durch die Medien. Ein „echtes Schiedsgericht“ ersetzt den staatlichen Rechtsweg grundsätzlich vollständig. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass die Parteien (Verein und Bundesligaverband) einen wirksamen Schiedsvertrag schließen, in dem der staatliche Rechtsweg ausgeschlossen wird. Und ganz wesentlich: Das Schiedsgericht ist kein fest zusammengesetztes Gericht. Die Parteien einigen sich im Vorfeld gemeinsam auf einen vorsitzenden Schiedsrichter (laut Zivilprozessordnung heißen die Richter eines Schiedsgerichts „Schiedsrichter“, sie pfeifen aber nicht. Dann bestimmt jede Partei einen Schiedsrichter nach eigener Wahl.

Gegen die Urteile des „echten“ Schiedsgerichts, gibt es im Bundesliga-Handball keine Rechtsmittel. Sie sind endgültig. Der Vorteil eines „echten“ Schiedsgerichts ist die Besetzung mit in der streitigen Sache hochqualifizierten Richtern und im Normalfall und die kurze Verfahrensdauer. Weil die Verhandlungen aber nicht öffentlich sind und die Urteile (Begründung „Betriebsgeheimnisse“) nicht veröffentlicht werden, besteht eine für Außenstehende oder mittelbar Drittbetroffene schwer zu ertragende Intransparenz.

Staatliche Gerichte

Manchmal ist es allerdings ratsam, trotz der vorhandenen Verbandsgerichte ein staatliches Gericht zu bemühen. Vor allem, wenn es „richtig um was“ geht und es mächtig schnell gehen muss. Einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz bietet nämlich die Rechtsordnung des DHB nicht. Es gibt lediglich den „zahnlosen Tiger“ des Eilverfahrens nach § 36 RO.

Von staatlichen Gerichten kann – wenn es wirklich wichtig ist und ein bedeutender Schaden droht – binnen weniger Stunden mit Hilfe eines „Antrags auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung“ eine vorläufige Regelung getroffen werden, die oftmals im Sport (z.B. kurz vor Ablauf eines Spieljahres) einen endgültigen Charakter bekommen kann.

So geschehen in den Verfahren des HBW Balingen-Weistetten und der HG Saarlouis Ende Juni 2014, als sich diese Vereine vor dem Landgericht Dortmund die vorläufige Zulassung zur ersten bzw. zweiten Bundesliga erstritten haben. Hier lagen zwischen Antragstellung und Entscheidung wenige Stunden. Diese Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten zu beantragen, kann auch nicht durch Schiedsverträge (s.o.) wirksam ausgeschlossen werden.

Auch wenn es um die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen geht, ist im Normalfall die Wahl eines staatlichen Gerichts angebracht. „Normale“ Verfahren dauern vor staatlichen Gerichten allerdings in der Regel (leider nicht immer) länger als vor den Verbandsgerichten. Sie sind in klassischen Fällen wie zum Beispiel das Vorgehen gegen eine Disqualifikation auch nicht sinnvoll oder zielführend.

Zu den staatlichen Gerichten gehören auch die Arbeitsgerichte, die vor allem bei Kündigungen von Spieler- oder Trainerverträgen bemüht werden, denn der Bereich Arbeitsrecht fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Verbandsgerichte.

Dieser Artikel von Helg-Olaf Käding erschien in ähnlicher Form auch bei handballrecht.de, der Seite rund um das Thema Handballrecht.