In der vertraglichen Umsetzung legt der Verein allerdings viel Kreativität an den Tag, um das Gehalt möglichst günstig abrechnen zu können. Die vereinbarte Summe wird auf mehrere Vertragsverhältnisse aufgeteilt. Jedoch bergen diese "Sparmodelle" Risiken für beide Seiten, insbesondere aber für den Spieler bzw. Trainer. Rechtsanwalt Helge Olaf Käding von handballrecht.de klärt auf.
Das Beispiel
Der Spieler/Trainer soll monatlich 1.200,00 Euro ausgezahlt bekommen. Der sauberste Weg wäre, einen Arbeitsvertrag mit der entsprechend höheren Bruttosumme zu schließen. Selbstverständlich fallen Lohnsteuern, Sozialabgaben und entsprechende Arbeitgeberanteile an.
Gehen wir von dem - aus Vereinssicht - wirtschaftlich ungünstigsten Fall aus: Der Spieler/Trainer ist ledig, kinderlos und Kirchenmitglied. Das heißt, es würde beim Arbeitsvertrag mit dem Verein Lohnsteuerklasse I anfallen. Um auf die vereinbarte Auszahlungssumme zu kommen, würde in Nordrhein-Westfalen ein Bruttogehalt von rund 1.700,00 Euro anfallen. Das Arbeitgeber-Brutto, also die tatsächlichen Kosten des Vereins, lägen bei etwa 2.030,00 Euro monatlich. Hinzu kommen die Beiträge zur VGB auf Grundlage des Bruttoeinkommens von 1.700,00 Euro.
Der "Fummelvertrag"
Der Verein schlägt indes folgendes Modell vor: Der Spieler/Trainer bekommt einen Mini-Job über 450,00 Euro für die erste Mannschaft sowie eine steuerfreie Übungsleiterpauschale von 200,00 Euro. Er soll dafür offiziell die B-Jugend betreuen. Inoffiziell wird gesagt: "Die B-Jugend macht der Michael. Da musst du nicht hin." Das macht 650,00 Euro. Weitere 100,00 Euro werden über Fahrtkosten abgerechnet. Zwischenergebnis: 750,00 Euro. Die Lebensgefährtin des Spielers, eine Studentin, erhält ebenfalls einen Minijob über 450,00 Euro beim Verein. Sie soll dafür offiziell z.B. die Website betreuen.
Inoffiziell wird gesagt: "Du musst gar nichts machen, die Website macht bei uns schon immer der Horst und der macht das auch so weiter." Und schon kommt man auf die avisierte Summe von 1.200,00 Euro. Die Kosten für den Verein: 1.200,00 Euro plus etwa 300,00 Euro Arbeitgeberanteile für die beiden Mini-Jobs = etwa 1.500,00 Euro. Bei der VBG wird "selbstverständlich" nur ein Minijob gemeldet.
Einschub: Sollte der Spieler/Trainer bereits einen Hauptjob haben, müsste auf Basis der Lohnsteuerklasse VI abgerechnet werden. Das monatliche Brutto wäre in unserem Beispiel dann etwa 2.300,00 Euro (2.750,00 Euro Arbeitgeber-Brutto).
Die "kreative" Variante ist also für den Verein gut 530,00 Euro günstiger. Für den Spieler/Trainer macht dies im Portemonnaie keinen Unterschied, falls er und seine Partnerin eine gemeinsame Haushaltskasse haben. "Normal abgerechnet" würde er den Job nicht bekommen oder nur für wesentlich weniger Geld.
Also eine clevere "Win-Win-Situation"? - Mitnichten! Das "kreative Modell" ist gefährlich. Für beide Seiten!
Erhebliche Risiken
Dabei meine ich nicht nur diejenigen Risiken für den Spieler/Trainer, die auf den ersten Blick offenkundig sind, z.B. eine Trennung von der Partnerin oder deren Einschränkung, für sich selber keinen Minijob mehr ausüben zu dürfen.
Nein, im Fall einer Erkrankung oder schweren Verletzung bekommt der Arbeitnehmer kein Krankengeld und/oder muss deutliche Einbußen bei den VBG-Leistungen hinnehmen, denn im Zweifel wird jetzt als Berechnungsbasis der Minijob zugrunde gelegt. Auch fallen in diesem Zeitraum keine Fahrtkosten mehr an. Hinzu kommt, dass weniger in die Sozialversicherungskassen (z.B. Rente) eingezahlt wird, was sich z.B. beim Arbeitslosengeld I massiv auswirken könnte.
Ist ein Trainer betroffen, droht im Fall seiner Beurlaubung Streit über die Höhe einer möglichen Abfindung. Schließlich ist der eigentliche "Trainervertrag" nur ein Minijob. Praktische Erfahrungen zeigen, dass - wenn sich beide Seiten nicht mehr wirklich mögen - sich der Verein nicht mehr an seine Zusagen erinnern kann oder will. Oder der Vorstand hat gewechselt.
Wie auch immer: Eine Trennung geht in den Fällen der "Fummelverträge" selten reibungslos und fair vonstatten.
Nachzahlungen drohen
Selbstverständlich muss auch immer damit gerechnet werden, dass Finanzamt und Sozialversicherungsträger das "Sparmodell" hinterfragen könnten. Im schlimmsten Fall käme es zu dem - in unserem Beispiel zutreffenden - Ergebnis, dass Übungsleiterpauschale und der Minijob der Partnerin nichts anderes als verdeckte Lohnzahlungen. Dann drohen neben satten Nachzahlungen (höchstwahrscheinlich werden weitere Arbeitnehmer so beschäftigt) und Strafverfahren.
Im Oktober wurde ein Verein aufgrund eines Urteils des Sozialgerichts Heilbronn zur Nachzahlung von 20.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet.
Zwischenbemerkung
Das "Sparmodell" hat in der Praxis viele Variationen. Oft genug auch mit einer vierten Komponente: dem "BAT-Anteil" ( = "Bar auf Tatze"). Dass sich an dieser Stelle alle Beteiligten im strafrechtlichen Rahmen bewegen, bedarf wohl keiner Erwähnung!
Der eine oder andere Leser wird jetzt sicherlich denken: Ups, das läuft bei mir ähnlich. Aber wir sind ja schlauer: Man trainiert die B-Jugend wirklich, hat locker 100,00 Euro Fahrtkosten und die Freundin macht tatsächlich die Website und behält das Geld für sich. Längere Verletzungen und Schwarzarbeit sind nicht vorhanden. Die drei Verträge sind einheitlich befristet und nicht vorzeitig kündbar.
In einem solchen Fall kann das "Sparmodell" tatsächlich eine kreative und legale Alternative sein. In allen anderen Fällen sollten sich beide Seiten genau überlegen, ob sie wirklich "um jeden Preis" zusammenarbeiten wollen und sich die Risiken vor Augen führen.
Abschließender Hinweis:
Es kann jedenfalls nicht schaden, sich vor Abschluss von Verträgen, insbesondere von "Fummelverträgen" anwaltlich beraten zu lassen und ggf. auch einen Steuerberater zu Rate zu ziehen. Das ist immer günstiger, als sich später zu streiten oder Scherereien mit Behörden zu bekommen.
Dieser Artikel von Helg-Olaf Käding erschien in ähnlicher Form auch bei handballrecht.de, der Seite rund um das Thema Handballrecht.