Was zuvor geschah
Der Karlsruher SC kündigte am 10. Dezember 2018 den Agenturvertrag mit dem Vermarktungsdienstleister Lagadère Sports. Hierfür verwies der Verein auf Paragraf 627 BGB. Dieser Paragraf gewährt, in bestimmten Fällen eine fristlose Kündigung ohne Angaben von Gründen. Somit basiert jene Kündigungsmöglichkeit auf Basis eines „besonderen Vertrauensverhältnisses“ bei sogenannten „Diensten höherer Art“. Wie zum Beispiel zwischen Anwälten und Mandanten oder Ärzten und Patienten. In diesem Falle geht man von einem Vertrauensverhältnis aus, dass gestört ist.
Schließlich verkündete der Karlsruher SC in einer E-Mail die Beendigung der Kooperation mit Lagadère Sports. Dieser jedoch versendete am 21. Februar 2019 an denselben Adressatenkreis ebenfalls eine E-Mail. In jener E-Mail widersprach Lagadère Sports dem KSC und bezeichnete darüber hinaus die Kündigung durch den KSC als „unwirksam“. Woraufhin die zweite Kündigung des Vereins folgte. Im März 2019 sprach der Karlsruher SC anschließend eine weitere außerordentliche Kündigung gegenüber dem Vermarkter aus. Dieses Mal berief sich der KSC auf § 626 BGB. Laut KSC, blieb ihnen nichts anderes über außer erneut eine Kündigung einzureichen.
Aus der Perspektive von…
Lagadère Sports klagte gegen den Club und zog vor Gericht um gegen die beiden KSC-Kündigungen vorzugehen. Dort wird nun das Karlsruher Landgericht unter anderem prüfen, ob §627 BGB auf das Agenturvertragsverhältnis anwendbar ist. Laut einer Vorsitzenden Richterin, scheint die Kammer die grundsätzliche Anwendbarkeit auf derartige Verträge zu bejahen. Denn die durch Lagadère Sports vermarkteten Rechte betreffen die wesentlichsten Wirtschaftsgüter des KSC. Die Vermarktung dieser Wirtschaftsgüter setzt also ein sehr hohes Maß an Vertrauen voraus. Das Gericht schließt aus der wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrages auf ein zugrunde liegendes besonderes Vertrauen.
Das Gericht führte zur zweiten Kündigung an, dass die von Lagadère Sports versendete E-Mail an Sponsoren als Richtigstellung einzuordnen sei. Da die zuvor von KSC versendete E-Mail eine einvernehmliche Beendigung suggerierte, die es laut Lagadère nicht gegeben habe, stimmt das Gericht Lagadère Sports zu. Es handle sich hierbei um eine „Richtigstellung“ und liefere somit keinen Grund zur außerordentlichen Kündigung. Des Weiteren hätte es grundsätzlich einer vorherigen Abmahnung bedurft.
§626 und §627 BGB
Ein außerordentliches Kündigungsrecht setzt gemäß § 626 BGB beispielsweise voraus, dass aufgrund von schwerwiegenden Verfehlungen der Gegenseite ein Festhalten am Vertrag nicht mehr tragbar ist. Die Schwelle jener Unzumutbarkeit liegt sehr hoch und ist für § 627 BGB nicht notwendig. Deshalb schränkt das Gesetz die Anwendbarkeit des Paragraphen ein. Nämlich auf den Bereich der Dienste höherer Art. Darunter fallen Dienste, die typischerweise aufgrund eines besonderen Vertrauens übertragen werden, wie Verträge mit Ärzten, Rechtsanwälten oder Steuerberatern.
Zusammenarbeit, Entscheidungen und Bedeutungen
Erst im November, genauer gesagt der 15. November 2019, wird es zu einer Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe kommen.
Obgleich Lagadère Sports Vertreter betonten, dass die Agentur jeder Zeit bereit ist die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem KSC aufzunehmen, sehen dass die Vertreter des KSC anders. Diese schätzen eine zukünftige Zusammenarbeit als eher unwahrscheinlich ein.
Mit anderen Worten, selbst wenn das Urteil am 15.November verkündet wird, ist noch längst nicht das letzte Wort gesprochen. Sprich, die betroffenen Parteien werden sich vermutlich eine Instanz höher vor dem Oberlandesgericht in Karlsruhe wiedersehen.
Was für die einen wie unnötige Kabbelei ausschaut, ist laut Experten ein Verfahren von großer Bedeutung für Vermarktungsagenturen und Clubs. Denn die Frage nach der Anwendbarkeit des Kündigungsrechts nach § 627 BGB wird erstmals gerichtlich überprüft. Vor allem im Hinblick auf Verträge mit Vermarktungsagenturen.