Einhergehend mit der Entwicklung von Impfstoffen gegen das sogenannte Coronavirus hat die Debatte insbesondere im Bereich des Spitzensports eine neue persönliche Dimension gewonnen.
Aus juristischer Perspektive stellt sich aktuell die Frage, ob bzw. unter welchen Umständen eine Weisung sich impfen zu lassen zulässig wäre.
„Die Causa Joshua Kimmich“
Die Debatte entzündete sich vor allem am Verhalten des FC-Bayern-Spielers Joshua Kimmich, der lange Zeit eine Impfung ablehnte.
Der Fall veranschaulicht gut, dass – insbesondere bei Mannschaftssportarten – nicht nur persönliche Folgen für den oder die Sportler*In zu berücksichtigen sind, sondern auch für Team-Kolleg*innen und vor allem für den Spielbetrieb.
Rechtliche Einordnung
Zunächst ist festzuhalten, dass es sich aus rechtlicher Perspektive bei professionellen Sportlern und Sportlerinnen um normale Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen handelt.
Als Grundlage eine Weisung sich impfen zu lassen kommt – wie bei anderen Arbeitsverhältnissen auch – grundsätzlich § 106 GewO, § 4 Nr. 7 i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 ArbSchG sowie §§ 241 Abs. 2, 242 BGB als arbeitsvertragliche Nebenpflicht in Betracht. In jedem Fall müsste eine entsprechende Weisung nach ständiger Rechtsprechung billigem Ermessen entsprechen. Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung sind die Grundrechte, gesetzliche Wertentscheidungen und allgemeine Wertungsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit, Verkehrssitte und Zumutbarkeit zu würdigen.
Arbeitgeberseitig sind dabei vor allem die unternehmerische Freiheit nach Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 S. 1 GG und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu berücksichtigen. Außerdem käme ein Arbeitsgeber gegenüber seinen Beschäftigten damit seiner Schutzpflicht aus § 618 BGB i. V. m. § 3 ArbSchG nach.
Demgegenüber steht auf Seiten der Sportler*innen ein massiver Eingriff in die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.
Da der Körper, die Gesundheit und die damit verbundene Leistungsfähigkeit von Sportlerinnen und Sportlern wie in kaum einem anderen Beruf im Mittelpunkt des Arbeitsverhältnisses stehen, dürfte der Gesundhaltungspflicht aus § 15 Abs. 1 ArbSchG allerdings besondere Bedeutung zukommen.
Außerdem gilt es zu berücksichtigen, dass der Ausfall eines bzw. einer Sportler*in oder gar einer ganzen Mannschaft (aufgrund einer durchzuführenden Quarantäne) erhebliche Einbußen für den Arbeitgeber bedeuten kann.
Naturgemäß sind Maßnahmen wie Heimarbeit, Kurzarbeit oder angepasste Schichtpläne im Spitzensport vor allem bei Mannschaftssportarten kaum durchzuführen.
Fazit
Ob und in welcher Art und Weise die Zulässigkeit einer arbeitsgeberseitig angeordneten Impfpflicht der gerichtlichen Kontrolle standhält bleibt abzuwarten. Der besondere Gesundheitsbezug auf dem Gebiet des Spitzensports erschwert die Interessenabwägung und eine Prognose, wie die Rechtsprechung die aufgeworfene Frage beurteilen wird zusätzlich.