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EuGH: Startverbot für EU-Ausländer bei deutschen Senioren-Leichtathletikmeisterschaften

EuGH Startverbot für EU-Ausländer bei der deutschen Senioren-Leichtathletikmeisterschaften

© anncapictures auf Pixabay (freie kommerzielle Nutzung)

EuGH: Startverbot für EU-Ausländer bei deutschen Senioren-Leichtathletikmeisterschaften verletzt Art. 18, 21 und 165 AEUV – Einschränkung der Freizügigkeit der Unionsbürger nicht ohne hinreichende Rechtfertigung möglich

zu EuGH, Urteil vom 13.06.2019 – C-22/18

Der Deutsche Leichtathletikverband (DLV) verfügt über Bestimmungen wonach EU-Ausländer von der Teilnahme an deutschen Amateur-Leichtathletikmeisterschaften der Senioren ausgeschlossen werden. Diese Bestimmung kann gegen Unionsrecht verstoßen, insbesondere gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das Recht auf Freizügigkeit. Im Zuge dessen legte das Amtsgericht Darmstadt dem EuGH vor, um klären zu lassen, ob die Voraussetzung der Staatsangehörigkeit eine rechtswidrige Diskriminierung darstelle, die gegen die Vorschriften des AEUV verstoße. Der Europäische Gerichtshof entschied mit Urteil vom 13.06.2019, dass eine Verletzung der Grundfreiheiten vorliege, da EU-Ausländer aufgrund dieser Regelung eine geringere Unterstützung in Sportvereinen erhielten, sowie eine damit einhergehende geringere Integration. Ein gegebener Eingriff, sei jedoch bei hinreichenden Gründen gerechtfertigt.  Die vom DLV vorgebrachten Ausschlussgründe überzeugten den EuGH jedoch nicht.  Folglich muss das Amtsgericht Darmstadt weiter prüfen, ob andere Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen (Az.: C-22/18).

 

EU-Ausländer dürfen nur “außer Wertung” an Senioren-Meisterschaften teilnehmen

Die Teilnahme an Deutschen Leichtathletikmeisterschaften in der Kategorie der Senioren im Amateursport stand zunächst Angehörigen anderer Mitgliedstaaten offen, wenn sie seit mindestens einem Jahr ein Startrecht für einen deutschen Verein oder eine deutsche Leichtathletik-Gemeinschaft besaßen. Im Juni 2016 änderte der Deutsche Leichtathletikverband (im Folgenden: DLV) die Deutsche Leichtathletikordnung, so dass diese Möglichkeit entfiel. Nach Angaben des DLV kann den betreffenden Athleten jedoch in bestimmten Fällen und unter bestimmten Bedingungen ein Teilnahmerecht außer Wertung eingeräumt werden. In diesem Fall dürfen die Athleten aber nicht an Endläufen und Endkämpfen teilnehmen.

 Der DLV begründet diese Änderung damit, dass deutscher Meister nur ein Athlet deutscher Staatsangehörigkeit werden solle, da das Publikum erwarte, dass der nationale Meister eines Staates dessen Staatsangehörigkeit besitzt. Als Repräsentant, sei er unter der Abkürzung „GER“, Germany startberechtigt. 

 

Italienischer Ausgangskläger begehrt Zulassung zu künftigen Meisterschaften in Wertung

Aufgrund dieser Änderung wurde der Ausgangskläger, ein in Deutschland ansässiger italienischer Staatsangehöriger, der seit 2012 in der Kategorie der Senioren an Deutschen Meisterschaften im Amateursport teilgenommen hatte, im März 2017 von einer Meisterschaft ausgeschlossen. Bei einer Ende Juni/Anfang Juli 2017 stattfindenden Meisterschaft wurde ihm ein Teilnahmerecht nur “außer Wertung” oder “ohne Wertung” eingeräumt. Deshalb haben er und der Berliner Sportverein TopFit, dessen Mitglied er ist, vor dem Amtsgericht Darmstadt geklagt, um seine Teilnahme an künftigen Deutschen Leichtathletikmeisterschaften für Senioren in Wertung zu erreichen. Nach Auffassung der Kläger sind mit Ausnahme der deutschen Staatsangehörigkeit alle vom DLV geforderten Voraussetzungen erfüllt, insbesondere hinsichtlich der Leistungen.

Konsequenz dieser Regelung ist nun, dass EU-Ausländer, zwar nicht gänzlich von der Beteiligung an Sportwettbewerben ausgeschlossen werden, diesen jedoch die Möglichkeit genommen wird einen nationalen Meistertitel zu erlangen in einer bestimmten sportlichen Disziplin.

 

EuGH: DLV-Regelung verstößt gegen Grundfreiheiten, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss gewahrt bleiben

Der EuGH entschied, dass das Unionsrecht auch auf nationale Sportverbände und dessen Reglement Anwendung findet und eine Einschränkung der oben genannten Grundfreiheiten gegeben sei, da eine geringere finanzielle Unterstützung der Sportvereine feststellbar sei bei Teilnehmern, die nicht berechtigt sind den Meistertitel zu erlangen. Der EuGH betont jedoch, dass hinreichende Gründe einen Eingriff rechtfertigen können.

 

Verleihung des deutschen Meistertitels nur an deutschen Staatsangehörigen legitim

Dabei ist es nach Auffassung des EuGH eine legitime Zwecksetzung, die Verleihung des Titels des nationalen Meisters in einer bestimmten sportlichen Disziplin einem nationalen Staatsangehörigen vorzubehalten, da dieses nationale Element als charakteristisches Merkmal des nationalen Meisterschaftstitels angesehen werden kann. Die Beschränkungen der Grundfreiheiten müssen dabei jedoch mit dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang stehen.

 

Vortrag des DLV rechtfertigt Freizügigkeitsbeschränkung nicht

Laut EuGH scheinen die beiden vom DLV vorgebrachten Rechtfertigungsgründe nicht auf objektiven Erwägungen zu beruhen. Denn was zum einen die Bestimmung des nationalen Meisters angehe, der sein Land bei internationalen Meisterschaften vertrete, wähle der DLV die Teilnehmer an internationalen Meisterschaften der Kategorie der Senioren nicht selbst aus. Vielmehr könnten die Athleten, die Mitglieder eines zum DLV gehörenden Vereins seien und die Leistungskriterien erfüllten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit an Meisterschaften teilnehmen und sich hierfür anmelden. Somit könne eine Person, die eine andere Staatsangehörigkeit als die deutsche besitzt, für Deutschland antreten und Europameister der Senioren im Laufen werden. Was zum anderen die behauptete Notwendigkeit einheitlicher Regelungen für alle Altersklassen angehe, so finde diese in den Erklärungen des DLV keine Stütze, wonach er nur in der Kategorie des Spitzensports die besten nationalen Athleten zur Teilnahme an internationalen Wettbewerben auswähle.

AG muss andere Rechtfertigungsgründe prüfen

Es sei Sache des AG Darmstadt zu prüfen, ob es andere Rechtfertigungsgründe für die Regelungen gibt, wonach EU-Ausländer nicht für nationale Meisterschaften zugelassen werden, so der EuGH weiter.

 

Vollständiger Ausschluss von EU-Ausländern unverhältnismäßig

Nach Ansicht des EuGHs, sei es jedenfalls unverhältnismäßig, einen ausländischen Athleten wegen seiner Staatsangehörigkeit gänzlich von den Meisterschaften auszuschließen, da es einen Mechanismus für die Beteiligung eines ausländischen Athleten an einer nationalen Meisterschaft gibt, zumindest für die Qualifikationsrunden und/oder außer Wertung.

 

 

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