Was war passiert?
Kurz vor dem Beginn der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien, am 13.06.2014, hatte die FIFA gegen Franz Beckenbauer eine neunzigtägige Sperre verhängt, während der er keinerlei Tätigkeiten im Fußball vornehmen durfte, weder national noch international.
Die Strafe wurde verhängt, weil er einen Fragenkatalog der Ethikkommission der FIFA bezüglich der Vergabe der Fussballweltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar nicht beantwortet hatte. Diese Fragen hätte er als ehemaliges Mitglied der FIFA-Exekutive beantworten müssen. Den Fragenkatalog mussten alle beantworten, die als Mitglieder der FIFA- Exekutive an den Vergaben mitgewirkt haben, also auch Beckenbauer, der damals Mitglied der FIFA- Exekutive war. Es ging dabei unter anderem um Bestechungsvorwürfe im Rahmen der Vergabe der WM 2022 an Katar. Beckenbauer erklärte, er habe die Fragen nicht beantworten können, da sie auf Englisch formuliert gewesen seien und er die teilweise komplizierten juristischen Fragestellungen so nicht habe verstehen können. Die FIFA entgegnete dem, dass er den Fragenkatalog auch auf Deutsch erhalten habe. Da Beckenbauer die Fragen nicht beantwortet hatte, wurde er von der Ethikkommission der FIFA für 90 Tage gesperrt. Erst danach, am 18.06.2014, hat er die Fragen schließlich beantwortet. Nachdem die Ethikkommission die Antworten Beckenbauers erhalten und geprüft hatte, wurde die Sperre am 27.06.2014 wieder aufgehoben.
Worauf basiert die Entscheidung?
Die Ethikkommission der FIFA sah in der fehlenden Kooperation Beckenbauers einen Verstoß gegen das FIFA-Ethikreglement.
Bei der gegen Beckenbauer verhängten provisorischen Sperre handelte es sich um eine sogenannte vorsorgliche Maßnahme im Sinne von Art. 83 Abs. 1 Satz 1 des FIFA-Ethikreglements.
Demnach kann der Vorsitzende der rechtsprechenden Kammer auf Antrag des Vorsitzenden der Untersuchungskammer oder des Untersuchungsführers vorsorgliche Maßnahmen erlassen, wenn der Verdacht auf Verstoß gegen das Ethikreglement besteht und eine rechtzeitige Entscheidung im ordentlichen Verfahren zweifelhaft erscheint.
Der Verdacht eines Verstoßes gegen das Ethikreglements ergab sich aus der mangelnden Kooperation Beckenbauers. Der erforderliche Antrag wurde von Michael Garcia, dem Chefermittler der Ethikkommission gestellt, weil er eine rechtzeitige Entscheidung im ordentlichen Verfahren für zweifelhaft hielt.
Aufgrund dieses Antrages wurde die 90-Tage-Sperre gegen Franz Beckenbauer verhängt.
Gemäß Art. 85 Abs. 1 des Ethikreglements können vorsorgliche Maßnahmen für maximal 90 Tage verhängt werden.
Bei der gegen Beckenbauer verhängten Sperre handelt es sich also um die bei vorsorglichen Maßnahmen längstmögliche Sperre.
Nachdem Beckenbauer die Fragen aber am 18.06.2014 beantwortet hatte, sah die Kommission die Voraussetzungen für die provisorische Sperre als nicht mehr gegeben an und hob die Sperre wieder auf. Das ordentliche Verfahren läuft allerdings noch und eine endgültige Entscheidung steht noch aus.
Wie geht es weiter?
Nachdem die FIFA die verhängte Sperre wieder aufgehoben hat, hätte Franz Beckenbauer nun die Möglichkeit nach Brasilien zur WM zu reisen und sich zum Beispiel das WM- Finale am 13.07.2014 anzuschauen. Ursprünglich hatte er eine Reise zu den Halbfinalspielen geplant. Unmittelbar nachdem die Sperre aufgehoben wurde, hatte Beckenbauer erklärt, er wolle dennoch nicht zur WM reisen. Ob er sich das noch anders überlegt, bleibt abzuwarten. Auch andere Tätigkeiten im Rahmen des Fußballs kann Franz Beckenbauer nun wieder aufnehmen.
Allerdings wies die FIFA Beckenbauer darauf hin, dass erneutes Fehlverhalten seinerseits zu weiteren Maßnahmen der Ethikkommission führen könne und dass auch die Ermittlungen weiter geführt werden.
Der Sachverhalt ist somit trotz der aufgehobenen Sperre noch nicht vollständig geklärt- eine endgültige Entscheidung steht also noch aus.